Die AWO
Gesellschaftliche Verantwortung
Die Arbeiterwohlfahrt feierte 2019 ihr hundertjähriges Bestehen. Sie ist aufgrund ihrer Geschichte und ihres gesellschaftspolitischen Selbstverständnisses ein Wohlfahrtsverband mit besonderer Prägung. In ihr haben sich Frauen und Männer zusammengefunden, um in unserer Gesellschaft bei der Bewältigung sozialer Probleme und Aufgaben mitzuwirken und um den demokratischen, sozialen Rechtsstaat zu verwirklichen. Grundwerte und Leitsätze sind Grundlage für das Handeln in der Arbeiterwohlfahrt. Sie kennzeichnen Ziele, Aufgabenverständnis und Methoden der Arbeit.
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AWO-Imagebroschüre
Grundsatzprogramm der AWO 2019
Unsere Geschichte ist untrennbar mit der Geschichte der AWO in Deutschland und mit Marie Juchacz, ihrer Gründerin, verwoben. Mit ihrer annähernd 100-jährigen Geschichte zählt die AWO zu den ältesten Wohlfahrtsverbänden in Deutschland.
Am 13. Dezember 1919 gründete der Parteivorstand der SPD den „Hauptausschuss für Arbeiter-Wohlfahrt“ (AW) als eine Partei-Unterorganisation auf Anregung der damaligen Frauen-Sekretärin Marie Juchacz. Ziel war, die Mitwirkung der Arbeiterschaft bei der Wohlfahrtspflege durchzusetzen. Dazu gehörte die Abkehr vom „Almosendenken“. Im Verständnis der Arbeiterwohlfahrt hatten die Bedürftigen einen Anspruch auf Hilfe. Selbstachtung und Menschenwürde sollten gewahrt bleiben. Die Bedürftigen sollten in die Lage versetzt werden, selbst für sich zu sorgen und nicht dauerhaft auf Unterstützung angewiesen sein.
Nach ihrer Gründung befasst sich die Arbeiterwohlfahrt mit dem Aufbau einer Struktur und der Linderung der großen Not der Nachkriegszeit.
Es herrschen Weltwirtschaftskrise und Massenverelendung. Die AWO versucht mit verschiedensten Angeboten die große Not zu lindern. Suppenküchen, Kleidersammlungen, Nähstuben und viele weitere Aktivitäten werden ehrenamtlich organisiert. Am 20.11.1920 wird der Ortsverein Nürnberg als erster AWO-Ortsverein in Bayern gegründet. Am 25.04.1925 wird der Hauptausschuss für Arbeiterwohlfahrt e.V. beim Amtsgericht Berlin-Mitte eingetragen 1925 gründen sich die Bezirksausschüsse Franken, Oberpfalz mit Niederbayern und Oberbayern mit Schwaben. 1926 umfasst die AWO bundesweit 34 Bezirke mit insgesamt 1.914 Ortsausschüssen. Etwa 150.000 Helferinnen und Helfer sind ehrenamtlich tätig. Die erste Ausgabe der Zeitschrift „Arbeiterwohlfahrt“ erscheint. Die AWO wird als Reichsspitzenverband der freien Wohlfahrtspflege anerkannt. 1928 gründet die AWO in Berlin eine eigene Wohlfahrtsschule mit staatlich anerkanntem Abschluss.
Zwangsintegration der Wohlfahrtsverbände in die „Deutsche Arbeitsfront“ der Nationalsozialisten.
Die AWO weigert sich beizutreten und wird verboten. Ihr Vermögen wird von den Nationalsozialisten beschlagnahmt. Die Arbeit wird unter großer Gefahr im Untergrund fortgesetzt. Viele Aktive werden verfolgt, inhaftiert und einige sogar hingerichtet. 1933 wird das „Deutsch-Ausländische Jugendwerk“ als Tarnorganisation zur Hilfe für Verfolgte, Inhaftierte, Emigrierte und deren Familien gegründet. Es entstehen AWO-Stützpunkte im Exil, z. B. in Paris und in den USA
Wie schon nach dem ersten Weltkrieg ist die Zeit geprägt vom (Wieder-) Aufbau der Strukturen und der Linderung der großen Not. Die Arbeit der Nachkriegszeit ist geprägt von der Suche nach Obdach, Nahrung und Kleidung für die Kriegsheimkehrer, Flüchtlinge, Evakuierten und Ausgebombten. Politisches Ziel der AWO ist die Gestaltung eines sozialen Rechtsstaates, der den Schutz der Menschenwürde in den Mittelpunkt stellt.
Am 03.04.1946 genehmigt die amerikanische Militärregierung in Bayern mit dem Wohlfahrtsmemorandum Nr. 2 die Arbeiterwohlfahrt als Wohlfahrtsverband.
Daraufhin gründet sich am 20.04.1946 der Bayerische Landesverband der Arbeiterwohlfahrt in Nürnberg. Die Arbeiterwohlfahrt trennt sich organisatorisch von der SPD und wird eigenständig.
Im November 1947 erscheint erstmals der „AW-Helfer“ (später „AWO in Bayern“) als Mitteilungsblatt für die bayerischen Mitglieder und Verbände.
1948 führt die bayerische AWO die erste Landessammlung mit großem Erfolg durch.
1949 kehrt Marie Juchacz aus dem amerikanischen Exil zurück nach Deutschland.
Am 2./3. April 1949 wird der „Bezirksausschuss für Arbeiterwohlfahrt in Ober- und Mittelfranken e.V.“ gegründet.
Eintrag ins Vereinsregister Bd. XIX 173 am 13.04.1950 in Nürnberg.
Vorsitzender: Julius Lossmann, Nürnberg
Stellvertreter: Hans Segitz, Fürth
Weitere Vorstandsmitglieder: Emilie Eberhard, Fürth; Wilhelm Freiberger, Nürnberg; Karl Herold, Kulmbach; Barbara Kögler, Bayreuth; Renate Lenz, Erlangen; Moritz Lochner, Forchheim; Leonhard Übler, Nürnberg
In den fünfziger Jahren werden viele Einrichtungen gebaut und hauptamtliche Stellen geschaffen. Aber auch der ehrenamtliche Bereich wird weiter ausgebaut. Angeführt vom ersten Vorsitzenden, Hans Weinberger, treibt der AWO Landesverband Bayern einen dezentralen Aufbau der AWO in Bayern voran. Die Ortsvereine werden zum Schwerpunkt der AWO und zentrale Entscheider, denn sie sind Erstanlaufstelle und wissen am besten Bescheid über die sozialen Missstände vor Ort. Es folgt ein großes Bauprogramm, zahlreiche neue Einrichtungen werden geschaffen.
1955 besteht die AWO in Bayern aus 211 sogenannten Stützpunkten (Gruppen mit weniger als zehn Mitgliedern), 661 Ortsvereinen, 164 Kreisverbänden, 5 Bezirksverbänden und dem Landesverband. Sie hat mehr als 40.000 Mitglieder. 3.804 Ehrenamtliche und 700 hauptberuflich Beschäftigte arbeiten für sie.
In den Sechziger Jahren beginnen der wirtschaftliche Aufschwung und die zunehmende Professionalisierung der Sozialarbeit. Auch die Arbeiterwohlfahrt entwickelt ihre Organisation weiter. Mitgliederverband und Einrichtungen werden weiter ausgebaut. Der wirtschaftliche Aufschwung bringt Arbeitsplätze. Die AWO erkennt früh, dass die ins Land geholten Gastarbeiter in die Gesellschaft integriert werden müssen.
Arbeitsfelder sind überwiegend
Die AWO beginnt, sich stärker auf die Altenhilfe zu konzentrieren. Der Mitgliederverband wächst weiter.
1961 beginnt der Mauerbau in Berlin. Die Kreisgeschäftsstellen der Ostberliner AWO werden nach dem 19. August von der Volkspolizei versiegelt und verschlossen. Daraufhin wird die Ostberliner AWO aufgelöst.
1962 erhält die AWO Sitz und Stimme in der neu geschaffenen Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege (bagfw).
1965 wird Lotte Lemke Vorsitzende der AWO. Sie hatte während des Zweiten Weltkriegs im Untergrund für die AWO gearbeitet und war zeitweise von der Gestapo inhaftiert.
1969 gründet sich bundesweit das Jugendwerk der Arbeiterwohlfahrt.
In den Siebziger Jahren endet der Wirtschaftsboom. Ölkrisen bewirken ein gravierendes Umdenken in der Gesellschaft. Der Wohnungsbau wird verstärkt gefördert und die Frauen- und Familienpolitik wird ausgebaut. Die AWO wächst weiter. Der Schwerpunkt verlagert sich von der überwiegend ehrenamtlich gestalteten Arbeit zu hauptamtlichen Dienstleistungen. Bis Ende der 70er Jahre errichtet die AWO in Bayern vor allem Beratungsstellen für Ausländer*innen, Integrationshilfen, Hausaufgabenbetreuungen, Sprachkurse, fahrbare Mittagstische/Essen auf Rädern und sozialpsychiatrische Dienste.
1978 gründet sich das Bayerische Landesjugendwerk in Fürth. Mitglied können alle Kinder und Jugendliche ab vier bis achtzehn Jahre werden. Ende der 70er Jahre hat die AWO in Bayern 102.000 Mitglieder, etwa 8.200 Helfer*innen sowie 3.500 hauptamtliche Mitarbeiter*innen.
Diese Zeit ist wirtschaftlich geprägt durch eine Strukturkrise und steigende Arbeitslosenzahlen. Die Wiedervereinigung von Ost- und Westdeutschland bringt neue Möglichkeiten, aber auch neue Probleme. Die Pflegeversicherung wird eingeführt. Die Ökonomisierung der Sozialwirtschaft führt auch in der AWO zu einem Strukturwandel.
1995 wird die Pflegeversicherung eingeführt. Der Bundesverband der AWO hatte sich in die Beratungen der Bundesregierung eingebracht. Das Ergebnis entspricht jedoch nicht den Erwartungen, so richtet sich das Gesetz überwiegend an einem rein körperlich-funktionalen Pflegebedürftigkeitsbegriff aus. Gerontopsychiatrische Erkrankungen wie Demenz werden damals nicht berücksichtigt. Die AWO führt das Qualitätsmanagement ein und ist der erste Wohlfahrtsverband, der auf Bundesebene nach Qualitätsmanagementnormen zertifiziert wird.
1998 wird AWO International als Fachverband der Arbeiterwohlfahrt für humanitäre Hilfe und Entwicklungszusammenarbeit gegründet Durch die Wiedervereinigung wird auch die Wiedergründung von AWO-Gliederungen in den östlichen Bundesländern möglich. Viele Patenschaften zwischen Ost und West entstehen.
Diverse sozialpolitische Reformen, wie die Rentenreform 2000/2001, Konjunkturpakete, Hartz-Gesetze verändern die Soziallandschaft gravierend. Die Schere zwischen Arm und Reich öffnet sich immer weiter. 2001 wird die Bundesregierung erstmals aufgefordert, einen nationalen Armuts- und Reichtumsbericht vorzulegen. Die AWO greift diese Themen auf und veröffentlicht quartalsweise das Sozialbarometer. Die AWO bewegt sich weiterhin in ihrer historischen Rolle als Verfechterin von sozialer Gerechtigkeit. Armutsbekämpfung war und ist ein wichtiges Thema. Ein Aspekt ist die Einführung eines Mindestlohns, welche die AWO massiv unterstützte. Und sie fordert weiterhin einen allgemeinen Branchentarifvertrag in der Pflege. Die AWO fördert Inklusion. Der Bundesverband führt dazu das Modellprojekt „Inklusion als Handlungsmaxime der Organisationsentwicklung am Beispiel der Arbeiterwohlfahrt“ durch. In AWO Einrichtungen und Diensten werden partizipativ und erfahrungsbasiert Maßnahmen, Konzepte und Methoden zur Inklusion entwickelt.
Im Juni 2016 werden die ersten Projektergebnisse in Form eines Handbuchs zur Organisationsentwicklung veröffentlicht. Die AWO war schon in der Migrationsarbeit tätig als die ersten Gastarbeiter kamen. Diese Arbeit wird kontinuierlich ausgebaut. Neue Bereiche wie die Asylberatung oder Unterstützung von Geflüchteten kommen hinzu. Die AWO gründet Serviceunternehmen, wie Eltern-, Senioren-, Gesundheitsservice und die Pflegeberatung. Der AWO Bezirksverband Ober- und Mittelfranken passt sich an die Veränderungen an. Das Vereinsmodell wird im Juni 2016 in ein Präsidialmodell umgewandelt um für die Zukunft besser aufgestellt zu sein und um noch professioneller auf die gestiegenen Anforderungen reagieren zu können.
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